Die BnL veröffentlicht erstmals mit KI-Technologie transkribiertes Manuskript Neue Inhalte auf eluxemburgensia.lu

Handschriftensammlung

Die Nationalbibliothek Luxemburg gibt die Digitalisierung und Texterkennung (Optical Character Recognition) des dreiteiligen Manuskripts Myn wedervaren (Meine Erfahrungen, d.i. Autobiographie) des Luxemburgers Louis Joseph Zelle (8. Juni 1826-5. August 1899) bekannt. Ab sofort ist die Handschrift kostenlos auf eluxemburgensia.lu einsehbar.

Dieses Manuskript nimmt innerhalb der umfangreichen Literatur von Soldaten und Offizieren der niederländischen Kolonialarmee einen besonderen Stellenwert ein. Es ist nicht nur ausführlich und aus der Sicht eines Offiziers geschrieben, sondern wirft auch eine kritische Perspektive auf die Kolonialzeit der Niederlande. Darüber hinaus stellen Zelles Memoiren eine wichtige Quelle für das Kulturleben Luxemburgs im 19. Jahrhundert dar.

Zugang via eluxemburgensia.lu

KI-gestützte Transkription

Während die BnL bei Druckschriften, wie etwa Zeitschriften und Büchern, grundsätzlich eine Texterkennung vornimmt, gestaltet sich dies bei handschriftlichen Werken als weitaus aufwändiger und ist daher nicht üblich. Das von der BnL digitalisierte Manuskript von Zelle wurde erstmals mithilfe des KI-gestützten Programms Transkribus in digitalen Text umgewandelt. Transkribus nutzt maschinelles Lernen, um handschriftliche Texte zu erkennen. Diese Technologie ermöglicht es, historische Manuskripte nicht nur zu digitalisieren, sondern auch zu transkribieren, wodurch die Dokumente für die Öffentlichkeit besser zugänglich und nutzbar werden. Darüber hinaus wird auch eine Volltextsuche im Dokument ermöglicht.

Durch den Einsatz von Transkribus konnte die BnL sicherstellen, dass die Texte von Louis Joseph Zelle mit hoher Genauigkeit entziffert wurden. Das Programm lernt kontinuierlich aus den von Experten vorgenommenen Korrekturen und verbessert dadurch seine Erkennungsrate für spezifische Handschriften und historische Schreibstile.

Jeff Schmitz, abgeordneter Deutschlehrer (2022-2023), hat ein Texterkennungsmodell von Transkribus geprüft und anschließend die handschriftliche Texterkennung mitsamt Korrekturen durchgeführt. Neben dieser philologischen Arbeit waren Mitarbeiter der IT und aus der Katalogisierungsabteilung an der Umsetzung beteiligt.

Joseph Louis Zelle

Louis Joseph Zelle verpflichtete sich 1848 in Echternach für sechs Jahre im Luxemburger Jägerbataillon. 1854 entschied er sich, der KNIL, der niederländischen Kolonialarmee, beizutreten, wo er 26 Jahre in Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien, diente. In der Militärhierarchie stieg Zelle – nach Annahme der niederländischen Staatsbürgerschaft – bis in die Offiziersränge auf. Während seiner Laufbahn wurde er mehrfach befördert und erreichte den Rang eines Kapitäns. Seine Versetzungen und militärischen Expeditionen führten ihn in entlegenste Regionen des Malaiischen Archipels. 1880 wurde Zelle ehrenvoll aus der Armee entlassen und kehrte nach Luxemburg zurück, wo er 1899 infolge eines Schlaganfalls verstarb.

Zelle ist einer von über tausend Luxemburgern, die zwischen der Französischen Revolution und dem Ersten Weltkrieg in der niederländischen Kolonialarmee dienten. Er zählt jedoch zu den wenigen Offizieren, die ausführlich über ihre Erfahrungen berichten. Nach seiner Rückkehr nach Luxemburg begann Zelle mit der Niederschrift seiner dreibändigen, zumeist auf Niederländisch verfassten Autobiographie Myn wedervaren, an der er rund fünfeinhalb Jahre arbeitete. In diesem Werk zeigt sich Zelle als detailverliebter Chronist, der seinen Lebenslauf in das allgemeine Zeitgeschehen einbettet. Beide Ebenen werden nicht nur dargestellt, sondern auch kommentiert und oftmals kritisch reflektiert.

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