Schenkung des Grafikportfolios “Pandora” an die BnL Empreinte atelier de gravure a.s.b.l. und Atelier Bo Halbirk

Ikonografische Sammlung

Im Rahmen der Eröffnung der gleichnamigen Ausstellung in der Abtei Neimënster haben die Luxemburger Druckwerkstatt Empreinte atelier de gravure a.s.b.l. und das Atelier Bo Halbirk am 27. Oktober 2023 die Grafiksammlung Pandora an die Nationalbibliothek Luxemburg in Anwesenheit von Diane Jodes und Pit Wagner sowie Christiane und Halfdan Halbirk überreicht.

Die Mappe enthält 50 druckgrafische Arbeiten in der Größe 48 x 38 cm, die als Hommage an den dänischen Maler und Druckgrafiker Torben Bo Halbirk entstanden sind und nun als Schenkung in die Sammlung der Nationalbibliothek gelangen. Luxemburg ist mit fünfzehn Arbeiten vertreten, die übrigen stammen von Künstlern aus 15 verschiedenen Ländern. Die Mappe wird ergänzt von einer Gipsstatuette des deutschen Künstlers Peter Bracht. „Wir sind sehr stolz und dankbar für dieses wertvolle Geschenk“, freut sich die Sammlungskuratorin Stefanie Zutter. „Die 51 Kunstwerke passen hervorragend zum inhaltlichen Schwerpunkt unserer Sammlung Luxemburger Künstlergrafik und erweitern sie um wesentliche aktuelle Positionen der internationalen Kunst.“

Bo Halbirk spielte eine bedeutende Rolle für das Kollektiv Empreinte: Durch seine Lehrtätigkeit bei der Sommerakademie des Centre pour la promotion des arts CEPA kam Bo Halbirk in Kontakt mit Luxemburger Grafikkünstler:innen und half ihnen, 1994 eine eigene Druckwerkstatt – das Atelier Empreinte – zu gründen, die mittlerweile rund 40 aktive Mitglieder zählt. Sylvie Karier erinnert sich anlässlich der Überreichung der Grafiksammlung an die Bedeutung von Bo Halbirk: „Après presque trente ans d’activités on peut affirmer que Bo, visionnaire qu’il était, nous a fait un beau cadeau avec l'idée de cet atelier, dont finalement le monde artistique du Luxembourg profite aussi.“

Die Arbeiten der 51 Künstler, die alle mit den Werkstätten Empreinte (Luxemburg) und Bo Halbirk (Paris) den künstlerischen Austausch pflegen, illustrieren die Wirkung und den Einfluss des Dänen in einer Hommage an seine letzte Grafikserie Pandora, die man damit auch als ein bleibendes Vermächtnis begreifen darf. 

Die Grafikserie Pandora

Halfdan Halbirk, der Sohn des Künstlers, gibt einen Überblick über die Geschichte des Pandora-Projekts und hebt die Zusammenarbeit der beiden Ateliers hervor: „Après la disparition de mon père en 2018, nous avons très vite parlé avec Sylvie Karier, membre fondatrice de l'atelier Bo Halbirk et Diane Hall Jodes, à l'époque présidente de l'atelier Empreinte, d'essayer d'organiser un projet commun pour maintenir et réaffirmer l'amitié entre nos deux ateliers. Nous avons donc demandé à ses amis et collègues artistes de créer une estampe dont le thème serait Pandora, un prétexte pour montrer la diversité artistique et culturelle qui l'entourait, et donner l'occasion à ses amis artistes de lui rendre un dernier hommage. Vous noterez une exception en la présence d'une sculpture de Peter Bracht, qui fut notre voisin d'atelier pendant les 31 dernières années. “

Bo Halbirk wählte Pandora als Titel seiner letzten Druckserie. Keinesfalls wollte er damit auf die unheilbringende Büchse anspielen. Vielmehr symbolisiert die Bezeichnung ein wunderschönes, verführerisches Wesen, das auf Veranlassung des Göttervaters Zeus vom künstlerisch begabten Feuergott Hephaistos geschaffen wurde. Für Bo Halbirk symbolisierte es offenbar das Medium der Grafik – wobei ihm durchaus auch die Unberechenbarkeit der Büchse sowie das potentielle Unheil, das ihr Öffnen birgt, innewohnt.

Das Ausschöpfen solcher Eigenschaften erfordert sowohl eine spezielle Ausrüstung als auch Fachkenntnisse, über die Bo Halbirk nicht nur verfügte, sondern die er auch großzügig vermittelte. Dabei sah er sich nicht als Lehrer, sondern als Partner im schöpferischen Prozess, wie Viele bezeugen, die mit ihm gearbeitet haben.

Dass es Bo Bo  weniger um den eigenen Ruhm als um den Fortschritt des künstlerischen Mediums ging, davon zeugt nicht zuletzt die Tatsache, dass er seinen eigenen Namen oftmals hinter dem seiner Künstlerkollegen verschwinden ließ, etwa, wenn er sich als Herausgeber von Mappenwerken betätigte, und damit einen weiteren wichtigen Beitrag zum kreativen und kulturellen Reichtum der Druckgrafik des 20. und 21. Jahrhunderts leistete.

Über Bo Halbirk

Der 2018 verstorbene Däne hat die Landschaft der internationalen Druckgrafik nachhaltig geprägt und insbesondere in Luxemburg die Entwicklung der Grafikkultur gefördert.

In Paris betrieb Bo Halbirk während Jahrzehnten ein zwischen Père Lachaise und der Bastille einquartiertes Atelier, das auf Tiefdruckverfahren und ihre künstlerischen Anwendungen spezialisiert ist: Da sind einerseits die trockenen Verfahren wie Kaltnadelradierung, Kupferstich, Schabtechnik (Mezzotinto), die auf der mechanischen Bearbeitung der Druckplatte beruhen, andererseits die sogenannten nassen Intaglio Techniken wie Ätzradierung, Aquatinta, und Vernis Mou (Weichgrundätzung), bei denen die Matrize mit chemischen Methoden bearbeitet wird. Diesen Techniken sind die Vertiefungen in den Druckstöcken gemeinsam, in denen sich die Druckfarbe sammelt, deren Übertragung auf das Druckmedium die Linien, Muster und Tonwerte des Bildes ergeben. Intaglio-Verfahren ermöglichen eine außergewöhnlich hohe Detailwiedergabe, feine Tonwertabstufungen und die Wiedergabe von Texturen und sogar haptische Qualitäten. Hinzu kommt beim Tiefdruckverfahren die präzise Kontrolle der Farbgebung und die Anpassung der Tintenmenge auf der Druckplatte. Das Atelier Bo Halbirk befindet sich heute in Montreuil und setzt seine Tätigkeit fort.

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