Ech sinn, sou wäit ech denken, e Muttergotteskand Das Marienbuch von Jean Pastoret

Handschriftensammlung

Kim Krier

Am 20. Februar jährt sich die Erwählung Marias zur Landespatronin zum 344. Mal. Nachdem die Stadt Luxemburg die Gottesmutter bereits am 10. Oktober 1666 zur Schutzpatronin erkoren hatte, machten es ihr das Herzogtum Luxemburg und die Grafschaft Chiny am 20. Februar 1678 gleich und erwählten die Trösterin der Betrübten zur Patrona patriae.

Dass die Verehrung Mariens in Luxemburg eine wichtige Rolle spielt, zeigt auch ein Buch, das Guy May der Nationalbibliothek schenkte. Das „Mein Marienbuch“ betitelte Werk enthält 33, teilweise nummerierte und wahrscheinlich vom Besitzer selbst, liebevoll gestaltete Blätter. Jedes davon ist einem besonderen Marientag oder -ereignis gewidmet. So werden u.a. auch die Oktave, das Rosenkranzfest oder die Verkündung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis dargestellt. Die einzelnen Blätter sind vereint in einem dunkelblauen Ledereinband, vielleicht kein Zufall, da die Farbe Blau mit der Gottesmutter in Verbindung gebracht wird, die auf der Umschlagseite als Mondsichelmadonna mit dem Jesuskind auf dem Arm dargestellt ist. Auf dem ersten Blatt des Bandes befindet sich eine handschriftliche lateinische Widmung von Bischof Joseph Laurent Philippe (1877-1956). Die Jahreszahl 1954 lässt erahnen, dass das Werk wohl anlässlich des von Papst Pius XII. ausgerufenen ersten Marianischen Jahres 1953-1954 entstand.

Laut Besitzeintrag gehörte das Buch Jean Pastoret, Pfarrer in Zolver. Dieser wurde am 3. April 1908 in Oberkerschen geboren. 1929 trat er ins Priesterseminar ein und wurde am 28. Juli 1935 vom damaligen Bischof-Koadjutor Joseph Philippe zum Priester geweiht - vor dem Gnadenbild der Kathedrale in Luxemburg, das Pastoret schon als Kind bewundert hatte. Zunächst war Pastoret als Kaplan in der Herz-Jesu-Kirche in Luxembourg tätig, die er ab 1941 verwaltete nachdem Stadtdechant Matthias Erasmy von den nationalsozialistischen Behörden in die Verbannung nach Lyon geschickt worden war. Der vorübergehende Verlust seines „Vaters“, wie Pastoret Erasmy gerne bezeichnete, die Wirren und die Leiden dieser Zeit, verstärkten Pastorets Marienverehrung. Bereits seit 1924 war Pastoret Mitglied der marianischen Sodalität, ein einschneidendes Ereignis in seinem Leben, da der Text der Aufnahmeurkunde den ersten Eintrag in seinem Marienbuch darstellt. Als Pfarrer in Zolver (1945-1957) ließ Pastoret 1953 eine Marienkapelle auf dem Zolverknapp errichten. Eine weitere wichtige Etappe in seinem Leben war sein Wirken in der Muttergottespfarrei Kayl (1957-1960). Später bedauerte er, dass er nur drei Jahre bei der „Léiffrächen“ verbringen durfte. Denn 1960 wurde Pastoret zum 7. Dechanten von Echternach ernannt. Auch wenn Pastorets Interesse bis dahin vorrangig der Consolatrix gegolten hatte, so erkannte er schnell auch die nationale und internationale Bedeutung Willibrords. Er verstand es, eine Verbindung zwischen den beiden wichtigsten Säulen der Volksfrömmigkeit in Luxemburg herzustellen: der Landespatronin Maria und dem Landesapostel Willibrord, die Pastoret als „sichere Führer zu Christus“ bezeichnete (Jean Pastoret: Rückblende. Luxembourg: Bourg-Bourger 1972, S. 3). Pastoret zufolge war es wohl Willibrord, der den ersten Marienaltar in Luxemburg errichtete, als er 698 den Grundstein für die Abtei in Echternach legte. Und laut dem Kirchenhistoriker Emil Donckel wurde dort 1340, auf Anordnung des Abtes Theoderich von Are, auch erstmals das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens gefeiert. Während seiner Amtszeit führte Pastoret in Anlehnung an die Muttergottesoktave eine Willibrordusoktave in Echternach ein. Um die Verbindung der beiden Heiligen noch weiter zu untermauern, setzte sich Pastoret dafür ein, dass Willibrord offiziell zum Stadtpatron proklamiert wurde – und dies im geschichtsträchtigen Jahr 1966, dem 300-jährigen Jubiläum der Erwählung Marias zur Patronin der Stadt Luxemburg.

1972 nahm der Dechant Abschied von Echternach, auch um sich um seine kranke Mutter zu kümmern, die zeitlebens eine wichtige Rolle in seinem Leben gespielt hatte. Als diese 1973 verstarb, arbeitete er als Krankenseelsorger. 1978 publizierte er mit der Schrift „Ora pro nobis“ eine Art Biographie, in der er, zuweilen mit leichter Verbitterung, auf sein Leben zurückblickt und sein Schicksal wiederholt mit dem der Trösterin der Betrübten verknüpft.

Jean Pastoret starb am 1. Mai 1987 an den langjährigen Folgen eines Schlaganfalls. Pastorets Marienbuch schließt mit einem Blatt, auf welchem Maria mit dem Jesuskind auf dem Schoß dargestellt ist und die Worte „Jungfrau, Mutter Gottes mein, lass mich ganz dein eigen sein“ zitiert. Dabei handelt es sich um den ersten Satz des Gebetes zur Mutter von der immerwährenden Hilfe und liest sich wie eine Zusammenfassung von Jean Pastorets Leben und Wirken, die ganz im Dienst und Zeichen Marias stehen: „Dein im Leben, dein im Tod, dein in Unglück, Angst und Not; dein in Kreuz und bittrem Leid, dein für Zeit und Ewigkeit“.

Eraus komm an Die Warte, 10. Februrar 2022, S. 15.

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