Der Blick von außen auf Luxemburg Tony Kellens Beiträge in ausländischen Zeitschriften

Nicht-luxemburgischer Bestand

Aimée Schultz

„Leider wird im Volk außer den Zeitungen verhältnismäßig wenig gelesen, so daß zur Schriftsstellerei schon ein hoher Grad an Idealismus gehört.“ So beschreibt der in Deutschland lebende Luxemburger Tony Kellen (1869-1948) die aktuelle Lage des Literaturbetriebs seiner Heimat in einem Luxemburger Brief, der in der deutschen Zeitschrift Das literarische Echo vom 15. Juli 1918 veröffentlicht wurde.

Im Anschluss an diese Feststellung folgen Beispiele für die schriftstellerische Tätigkeit im Bereich der Lyrik, indem Werke von Willy Goergen, Jean Henri Wachthausen, Nikolaus Welter und Nikolaus Hein einer kritischen Betrachtung hinsichtlich der sprachlichen Qualität, der wiederkehrenden Themen und der verwendeten Motive unterzogen werden. Für eine literarische Gattung findet Kellen klare Worte: „Im Roman ist das luxemburger Land noch fast gar nicht vertreten. Was auf diesem Gebiete erschienen ist, sind entweder unbeholfene Dilettantenversuche oder stark tendenziös gefärbte Erzählungen.“ Als Beispiel nennt er Fenn Kass von Batty Weber, der in seinen Augen „unstreitig das Zeug [hätte], einen großen luxemburger Roman zu schreiben, aber aus ihm spricht zu sehr der Parteijournalist, als der er schon seit Jahrzehnten tätig ist.“ Aus seiner Sicht setzt Weber sein Potential nicht angemessen ein: „Ein so scharfer Beobachter wie Weber und ein so guter Kenner des luxemburger Volkslebens könnte in seiner Heimat viel dankbarere Motive finden.“ Kellens Momentaufnahme wird abgerundet mit einem Verweis auf den Renert, auf die Reihe Bibliothek luxemburger Theaterstücke („Wer Sprach- und Sittenstudien treiben will, findet hier reichen Stoff.“) und auf Jugenderinnerungen von Charles Bivort bzw. Jules Keiffer, bevor der Bericht mit einem Blick auf literaturwissenschaftliche Abhandlungen von Nikolaus Welter (Die Dichter der luxemburgischen Mundart) und René Engelmann (Victor Hugo à Vianden) endet.

Der Schriftsteller, Übersetzer und Journalist Tony Kellen hat mit seinen Publikationen, etwa in der in Frankreich erschienenen „Revue Bleue“, Leser auch im Ausland über die Vielseitigkeit der mehrsprachigen Luxemburger Literatur in Kenntnis setzen können.

Der Schriftsteller, Übersetzer und Journalist Tony Kellen lebte nach seinem Studium in Paris bis zu seinem Tod in Deutschland, veröffentlichte aber regelmäßig Beiträge über sein Heimatland, vor allem in deutschen, aber auch in französischen und luxemburgischen Zeitschriften und Zeitungen, wobei seine offene Sympathie für Deutschland in späteren Jahren auch Anlass zu Kritik gab. Nichtsdestotrotz erweisen sich seine Ausführungen über unterschiedliche Themen als aufschlussreich, da sie einen Blick aus der Distanz auf Luxemburg bieten und den Versuch unternehmen, Leser im Ausland auch über die Vielseitigkeit der mehrsprachigen Luxemburger Literatur in Kenntnis zu setzen. Im Artikel La vie littéraire/intellectuelle et artistique au Luxembourg, erschienen in der französischen Revue politique et littéraire, besser bekannt unter dem Titel Revue bleue, vom 1. und 15. Februar 1930, versucht Kellen der Leserschaft in Frankreich einen möglichst vollständigen Streifzug (Sprache, Schulwesen, Literatur, Kunst) anzubieten, und den Lesern zu versichern, dass das kleine Land durchaus eine eigene literarische Identität aufweist: „[N]ous avons tout lieu d’espérer que le Luxembourg saura conquérir également dans les belles-lettres une place au moins équivalente à celle d’un pays allemand ou d’une province française.“ Auch über die Nationalbibliothek hat er 1929 unter dem Titel Unsere Landesbibliothek einen Beitrag in den Cahiers luxembourgeois (Nr. 7 und 8) publiziert. Ausdrücklich gelobt wird in der Jonghémecht vom 1.Februar 1932 sein Beitrag Aus der Geschichte des Zeitungswesens im Luxemburger Lande, der in der Obermosel-Zeitung vom 19. Dezember 1931 nachzulesen ist, und zwar mit folgenden Worten: „Das ist die beste Geschichte dieser Art, die wir bis heute haben.“ In seiner Publikation Mundartliche und hochdeutsche Dichtung in Luxemburg erwähnt Nik. Welter seinen Landsmann 1929 neben Norbert Jacques als Luxemburger, der sich im Ausland erfolgreich etablieren konnte: „Tony Kellen erfreut sich als vielseitiger Schriftsteller der allgemeinen Wertschätzung“.

Demzufolge ermöglicht der Bestand der Ausländischen Periodika der BnL den Lesern nicht nur, sich über das aktuelle und vergangene Weltgeschehen zu informieren und wissenschaftliche Zeitschriften aus unterschiedlichsten Bereichen einzusehen, sondern er bietet des Weiteren die Gelegenheit, die Darstellung Luxemburgs in ausländischen Zeitungen und Zeitschriften zu erkunden.

Erschienen in Die Warte, 28. Oktober 2021, S. 12.

Zum letzten Mal aktualisiert am