Die Revue als Spiegelbild der Luxemburger Gesellschaft Gründung und 1950er Jahre

Luxemburgischer Bestand

Sarah Stephan

Die Geschichte der Revue reicht bis ins Jahr 1945 zurück, als sie von dem Grafiker Emile Probst in Anlehnung an das Konzept des amerikanischen Time Magazine gegründet wurde. Gemeinsam mit dem Verleger Hubert Fejean und der Redaktionssekretärin Marie-Paule Noesen schuf Probst ein Magazin, das aktuelle Themen aufgreifen und das private und öffentliche Leben der Luxemburger widerspiegeln sollte. 1950 übernahm die Journalistin Katrin C. Martin als erste Chefredakteurin die Leitung und prägte die Illustrierte dank ihrer professionellen Marketing-Methoden nachhaltig. Ihr zufolge musste die Revue gleichzeitig gefallen, unterhalten und belehren.

In den von Patriotismus geprägten Nachkriegsjahren setzte die Revue auf ein dynamisches Layout und vielfältige Themen, um sich von der katholischen Presse abzuheben. Auch beschäftigte sie seit ihrer Gründung zahlreiche renommierte Journalisten, Autoren, Künstler und Fotografen – beispielsweise Evy Friedrich, Pe’l Schlechter, Pol Aschman, Tony Krier, Jean Weyrich, Lex Weyer und Gab Weis - die das visuelle Erscheinungsbild prägten und so zur kommerziellen Strategie der Zeitschrift beitrugen.

Das Gesicht der Illustrierten

Die beiden ersten Ausgaben, für die Probst das Titelbild selbst zeichnete, kamen zunächst in A5-Größe heraus, bevor die Revue ihr noch heute bekanntes A4-Format erhielt. Als Probst 1947 die Produktionskosten nicht mehr aufbringen konnte, verkaufte er die Revue an die Druckerei Bourg-Bourger. War die Illustrierte zunächst nur alle zwei Wochen herausgekommen, so wurde sie ab 1949 einmal wöchentlich veröffentlicht.

In den 50er Jahren kamen jährlich 52 bis 53 Ausgaben mit durchschnittlich 40 Seiten heraus, wobei die Seitenzahl 1950 im Schnitt noch 32 betrug und dann kontinuierlich anstieg, um 1959 einen Durchschnitt von 52 Seiten zu erreichen.

Das Layout des Covers variierte im Laufe der 50er, wurde jedoch immer von einem einzigen großen Titelbild, in der Regel einer schwarz-weißen Fotografie, sowie dem Revue-Logo und dem Untertitel „Lëtzeburger Illustré’ert“ gefolgt von Angaben zu Jahrgang, Nummer und Datum der Ausgabe geprägt. Ergänzend kam bis Ende 1956 ein einfarbiger Rahmen oder Farbstreifen hinzu.

Während die grafische Gestaltung des Titelbildes über die gesamten 50er hinweg immer wieder variierte, so blieben das Coverfoto und dessen Bezug zur Luxemburger Gesellschaft eine Konstante.

Unterhalb des Coverbildes war bis Ende 1952 ein Titel platziert, der das Konzept der Titelstory bereits andeutete, auch wenn letztere offiziell erst in den 70er Jahren in Anlehnung an den Spiegel eingeführt wurde. Ab 1953 verschwanden die Bilduntertitel für ganze 12 Jahre, wodurch das Titelbild noch prominenter wurde. Erläuterungen zum Bild konnten nun im Impressum nachgelesen werden. Mehrfarbige Abbildungen gab es bis 1956 nur zu speziellen Anlässen, wie z.B. am 7.1.1956 zum 10. Geburtstag der Revue. Ab 1957 erschien das Titelblatt dank des Vierfarbdrucks schließlich regelmäßig vollständig in Farbe und erst 1964 erhielten Bilduntertitel wieder Einzug auf das Cover.

Fotos und Werbeanzeigen

Während die grafische Gestaltung des Titelbildes über die gesamten 50er hinweg immer wieder variierte, so blieben das Coverfoto und dessen Bezug zur Luxemburger Gesellschaft eine Konstante. Eine Analyse aller 52 Ausgaben von 1954 macht deutlich, dass 81% (42 von 52) aller Titelbilder in direktem Zusammenhang mit einem Hauptartikel standen. Schaut man sich die Coverbilder mit passendem Leitartikel näher an, so zeigt sich, dass nicht weniger als 29% davon sich auf Luxemburger Gemeinden, Dörfer und deren Einwohner bezogen. Weitere 26% betrafen die Themen Beruf & Arbeit. Gesellschaft, Institutionen & Soziales machten 14% aus; Religion & Feste ebenfalls 14%; Sport, Freizeit & Kultur 10% und Berichte über die großherzogliche Familie oder andere Persönlichkeiten 7%. Es wird ersichtlich, dass überwiegend Themen gewählt wurden, die in direktem Zusammenhang zur Bevölkerung des Großherzogtums standen, um somit eine größtmögliche Zielgruppe zu erreichten.

Das Innere der Revue wurde durch zahlreiche schwarz-weiß Fotografien, Darstellungen und Werbeanzeigen illustriert (durchschnittlich ca. 50-75% pro Seite im Jahr 1954), wobei die Farbe Rot sparsam für Titel oder Illustrationen eingesetzt wurde.

Das Innere der Revue wurde durch zahlreiche schwarz-weiß Fotografien, Darstellungen und Werbeanzeigen illustriert, wobei die Farbe Rot sparsam für Titel oder Illustrationen eingesetzt wurde.

Von Anfang an setzte die Revue einen klaren Fokus auf das Abbilden einer Vielzahl von Fotoillustrationen. Ihr Anspruch war es, das berufliche und private Leben ihrer Leser darzustellen und durch zahlreiche Fotografien Aufmerksamkeit zu erregen. Die Abbildungen von Arbeitsszenen, Vereins- und Familienfeiern, Schulaktivitäten und Sportveranstaltungen ermöglichten es jedem Leser, unabhängig von Alter oder sozialer Schicht, sich in der Zeitschrift wiederzufinden.

Dem Magazin gelang es zudem überdurchschnittlich viele Werbeanzeigen zu veröffentlichen. Ausgabe 1 von 1954 enthielt 15 Anzeigen, was 10% der bedruckten Seiten ausmachte. Ausgabe 24 enthielt 20 Anzeigen, also etwa 15 %, und Ausgabe 49 schließlich sogar 30 Werbungen also 20%, Tendenz steigend!

Gesellschaftsbilder der Revue

Die Revue bot ihrer heterogenen Leserschaft von Anfang an eine breite Palette immer wiederkehrender Kolumnen, Themenserien, Romane und Kurzgeschichten sowie Comics, Rätsel-, Horoskop- und Frauenseiten, die den gesellschaftlichen Wandel und die Interessen der Leser reflektierten.

Inhaltlich spiegelte die Revue der 50er Jahre den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufschwung Luxemburgs wider. Letzterer war geprägt durch das Projekt Europa, die Modernisierung der Landwirtschaft, den Ausbau von Energieversorgung und Transportwegen, sowie den Aufstieg der Stahlindustrie. Das Automobil wurde zum Sinnbild des Fortschritts, während Freizeitaktivitäten wie Sport und Kultur an Bedeutung gewannen.

Schaut man sich die je 6 wichtigsten Artikel pro Ausgabe im Jahr 1954 (312 insgesamt) an, wird klar, dass ganze 29% sich mit der Kultur und Politik im Ausland beschäftigten, was interessanterweise jedoch weder durch das Coverbild noch durch das Inhaltsverzeichnis hervorgehoben wurde. 20% der Artikel widmeten sich Sport, Freizeit & Kultur, 13% Arbeit, Wirtschaft & Technik; 12% gesellschaftlichen Themen, weitere 12% lokalen Themen, 7% Religion & Festen und ebenfalls 7% der großherzoglichen Familie und anderen berühmten Persönlichkeiten.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Revue schon in den 1950er Jahren ein vielfältiges Angebot bereithielt, das unterschiedliche Geschmäcker ansprach. Dadurch erfüllte sie alle Bedingungen, um eine breite Leserschaft in der luxemburgischen Bevölkerung anzusprechen und konnte bereits 1955 eine für luxemburgische Verhältnisse ungewohnte Auflagenerhöhung von 10.000 auf 25.000 Exemplare erzielen, hatte sie doch 1945 mit einer Auflage von gerade mal 2.000 Exemplaren gestartet.

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