Verfechter der Plakatkunst Zu einem Plakat anlässlich der Fechtweltmeisterschaften in Luxemburg
Julien Lefèvre (1907-1983) ist vorwiegend als Schöpfer von Medaillen, Münzen und Geldscheinen bekannt, weniger als Plakatkünstler. Gemeinsam mit seiner späteren Ehefrau Nina-Viktoria Kestler, die er an der Académie royale des Beaux-Arts in Brüssel kennengelernt hatte, gestaltete er das Plakat zu den Weltmeisterschaften im Fechten 1954. Beide schufen u.a. auch Kirchenfenster in Eschweiler (Wiltz), Wasserbillig und Marnach. Julien Lefèvre gestaltete daneben Skulpturen und Gravuren. Zudem war er sportlich als Fechter, Flieger, Leichtathlet und Bogenschütze aktiv. Bereits 1932 hatte er den Escher Cercle d‘Escrime, und 1935 den Verband Groupement d’Escrime Luxembourg gegründet, aus dem 1937 die Fédération d’Escrime Luxembourg hervorging, wie Evy Friedrich im Nachruf auf den Künstler im Tageblatt vom 11. Januar 1984 schrieb.
Auf Lefèvres Vorschlag hin und trotz des Gegenwinds einiger Verbandsmitglieder fanden 1954 die Weltmeisterschaften im Fechten in Luxemburg statt. Als Commissaire général verfasste er selbst eine nachträgliche Bilanz; seine Frau fungierte übrigens als Sekretärin der Veranstaltung. Das hier abgebildete sechsfarbige Plakat aus der 50.000 Exemplare umfassenden Sammlung der Nationalbibliothekstellt Johann den Blinden dar und wurde nach der Vorlage von Nina Lefèvre von der Druckerei Huss vervielfältigt. Die Plakate wurden zwei Wochen vor dem Wettkampf auf Litfaßsäulen veröffentlicht, vor Bahnhöfen aufgestellt, an alle Fechtverbände weltweit sowie an alle mit dem Office National du Tourisme Luxembourgeois korrespondierenden Reisebüros verschickt. Pan American Airways erklärte sich sogar bereit, die Plakate in den großen Flughäfen weltweit zu verteilen. Die Unterschrift „N. & J. Lefèvre“ zeugt von der Zusammenarbeit des Ehepaars. Auch nach ihrem Tod 1981 verwendete Julien ihr zu Ehren weiterhin die gemeinsame Unterschrift.
Seit 1896 werden internationale Wettkämpfe im Fechten ausgetragen. Marcel Noppeney beschrieb im Vorwort des Programmheftes zu den Weltmeisterschaften 1954 die Fechtkunst treffend als „l’acte triomphal de la souplesse et de l’habilité“. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der Fechtsport in Luxemburg eine große Bedeutung erlangt: In internationalen Wettkämpfen brachte die luxemburgische Mannschaft traditionell starke Teams aus Frankreich und Italien in Bedrängnis, wie es in der Festschrift zum 150jährigen Jubiläum des Luxemburger Fechtverbands 1985 heißt. Im Vorfeld des sportlichen Ereignisses hatte sich der Organisator Julien Lefèvre der Unterstützung der luxemburgischen Armee unter der Leitung von Capitaine Jean Welter versichert. Teilnehmer in der luxemburgischen Mannschaft waren: Jean Link, Jean-Pierre Wolff, Paul Welter, Robert Muller, Netty Marx, Simone Jakoby, Colette Flesch, Mariette Schmitz, Lisa Dennemeyer, Thérèse Zambelli, Roger Theisen, Fernand Leischen, Prosper Link, Paul Anen, Alphonse Jost, Léon Buck, Edy Schmit, Prosper Glaesener, sowie Dr. Emile Gretsch, der damals Präsident der luxemburgischen Fechtföderation war. Der jüngsten Teilnehmerin Colette Flesch fiel die Ehre zuteil, bei der Eröffnungsfeier der damaligen Erbgroßherzogin Joséphine-Charlotte einen Strauß Rosen zu überreichen. Im Vorfeld des Wettkampfs wurden regelmäßig Interviews mit Größen des luxemburgischen Fechtsports auf Radio Luxemburg übertragen. Einladungen wurden an luxemburgische Schulen verschickt, um Klassen mit ihrem Sportlehrer oder auch einzelne Schüler als Zuschauer zu gewinnen. Trotz mehrfacher Anfrage des Organisators wurde eine Tarifermäßigung im Eisenbahntransport im Rahmen der Veranstaltung abgelehnt. Die Coupe Julien Lefèvre f!r die siegreiche Mannschaft im Degenfechten wurde Italien zugesprochen. Alle Teilnehmer erhielten eine Medaille, die nach der Vorlage von Julien Lefèvre gestaltet und auf der das Plakatmotiv abgebildet war. Anlässlich des Wettkampfes wurde ebenfalls eine Briefmarke von der luxemburgischen Post herausgegeben.
Die Fechtweltmeisterschaft 1954 ist sportlich für Luxemburg als Erfolg zu verbuchen, denn unter 22 Teilnehmern belegte Luxemburg den 5. Rang.
Erschienen in Die Warte, 29. April 2021, S. 10.
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