Wachs Christine Wunnicke
Christine Wunnickes Roman Wachs widmet sich der historischen Figur Marie Marguerite Bihéron (1719–1795), einer französischen Anatomin, Zeichnerin und Wachsbildnerin, die im 18. Jahrhundert mit ihren frappierend naturgetreu wirkenden anatomischen Modellen sowohl in wissenschaftlichen Kreisen als auch am Hof Aufsehen erregte. Bereits in jungen Jahren begann sie Leichen zu sezieren und erlangte durch ihre außergewöhnliche Virtuosität in der Wachskunst rasch internationale Anerkennung.
Im Zentrum der Erzählung steht ihre enge Beziehung zu der renommierten Pflanzenmalerin Madeleine Françoise Basseporte (1701–1780), die nicht nur als zeichnerische Mentorin, sondern – wenngleich historisch nicht belegbar – als Lebensgefährtin Bihérons eine Schlüsselrolle einnimmt.
Wunnicke verknüpft intime Momente mit akribisch recherchierten historischen Details zu einem literarisch vielschichtigen Tableau über weiblichen Wissensdrang, künstlerisches Schaffen und das Bestehen in einer männlich dominierten Wissenschaftswelt – verortet zwischen Spätabsolutismus und den Umbrüchen der Französischen Revolution.
Die Sprache ist präzise, schnörkellos und zugleich durchdrungen von hintergründigem Witz. Mit feinem Gespür für das Abseitige und subtiler Gelehrsamkeit gelingt Wunnicke ein facettenreiches Werk zwischen historischer Fiktion, Liebesgeschichte und Emanzipationserzählung – ein literarisches Denkmal von eindrucksvoller Präsenz für zwei Frauen, die von der Geschichtsschreibung allzu lange übergangen wurden.
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